Trotz Verbot durch Faeser: Das „Compact”-Magazin ist zurück – als „Näncy”

Erst vor wenigen Wochen verbietet Innenministerin Faeser das rechtsextreme "Compact"-Magazin. Nun feiert das Blatt von Jürgen Elsässer offenbar sein Comeback - mit neuem Verlag, neuem Design und neuem Namen. Die Verantwortlichen feiern ihr Umgehen des Verbots - könnten sich aber zu früh gefreut haben. Im Grunde war das Thema "Compact"-Magazin für Bundesinnenministerin Nancy Faeser bereits


Trotz Verbot durch Faeser: Das „Compact”-Magazin ist zurück – als „Näncy”

Erst vor wenigen Wochen verbietet Innenministerin Faeser das rechtsextreme „Compact”-Magazin. Nun feiert das Blatt von Jürgen Elsässer offenbar sein Comeback – mit neuem Verlag, neuem Design und neuem Namen. Die Verantwortlichen feiern ihr Umgehen des Verbots – könnten sich aber zu früh gefreut haben.

Im Grunde war das Thema „Compact”-Magazin für Bundesinnenministerin Nancy Faeser bereits so gut wie passé. Nun jedoch dürfte sie das rechtsextreme Blatt des ehemaligen Chefredakteurs Jürgen Elsässer länger beschäftigen als zunächst gedacht. Nachdem ihr Ministerium Mitte Juli zwei Gesellschaften verboten hatte, die hinter dem Magazin standen, verschwand das Heft flächendeckend aus den Kiosk-Regalen. Zwar ist es dorthin bis heute nicht zurückgekehrt – seine verfassungsfeindlichen Inhalte werden allerdings offenbar trotzdem veröffentlicht.

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Politik 25.07.24

Eilantrag eingegangen Rechtsextremes „Compact”-Magazin klagt gegen Verbot

Das sickerte bereits Mitte der Woche am Rande einer AfD-Veranstaltung im brandenburgischen Falkensee durch, wo „Compact” seinen Sitz hatte. Die Veranstaltung hatte bereits im Vorfeld für Streitigkeiten mit der Stadt gesorgt, sollte es thematisch vor allem um das „Compact”-Verbot gehen. Als Elsässer und seine Anwälte schließlich eine Pressekonferenz in der Stadthalle ankündigten, wurde die Veranstaltung mit Auflagen versehen. Um diese zu umgehen, setzte die in Falkensee versammelte Menge ihr Treffen kurzerhand als Spontandemonstration vor der Halle fort.

Dort kündigten Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp an, die Inhalte der „Compact”-August-Ausgabe in ihrem Verlag zu veröffentlichen. Lenz und Sodenkamp sind die Gründer der ebenfalls radikalen Wochenzeitung „Demokratischer Widerstand”. Dort sollen die geplanten Inhalte des rechtsextremen Magazins abrufbar sein – zunächst als Online-Magazin und schließlich auch in ihrer gedruckten Zeitung. Der Name „Compact” soll dabei allerdings nirgends auftauchen, vielmehr erhalte das Magazin einen neuen Namen – „Näncy”.

Verschwörungsideologien im „Demokratischen Widerstand”

„In ‘Näncy’, jedenfalls in dieser Ausgabe, finden Sie die Inhalte aus der August-Ausgabe von ‘Compact'”, bestätigte schließlich auch Elsässer. Dem Bundesinnenministerium werde es nicht gelingen, sein Magazin aus dem Verkehr zu ziehen. „Was Frau Faeser verbieten wollte, lässt sich eben nicht verbieten”, sagte er. Gleichzeitig pochte der ehemalige Chefredakteur darauf, er sei an der Veröffentlichung nicht beteiligt gewesen.

Nun ist die inhaltliche Nähe von „Compact” und „Demokratischer Widerstand” kaum zu übersehen. Der Verlag ist aus der Querdenkerbewegung hervorgegangen, Lenz und Sodenkamp organisierten etliche Corona-Demonstrationen – auch in Zusammenarbeit mit Rechten, wie verschiedene Medien berichten. Die Wochenzeitung ist bereits auf dem Radar des Verfassungsschutzes, sie wird dort als „verschwörungsideologische Veröffentlichung” eingestuft. Demnach versucht die Zeitung, Menschen mit verfassungsfeindlichen Zielen zu radikalisieren.

Ein Blick auf die Website lässt daran kaum Zweifel. So heißt es dort etwa, „dass zu viele Menschen der Gleichschaltung der Repräsentation und der Konzern- und Regierungspropaganda ausgesetzt seien”. Und weiter: „Wir erleben den Versuch einer terroristischen Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.”

„Lesen Sie hier, was Sie nicht lesen dürfen”

Zudem wird dort nun heftig für das neue Magazin „Näncy” geworben. Auf dem Cover der Zeitung ist, wenig überraschend, Innenministerin Faeser zu sehen. Hinter ihr brennt es, um den Arm trägt sie eine One-Love-Binde, die ein Symbol gegen Ausgrenzung ist. Die Titelseite propagiert „Enthüllungen” darüber, wie das Land „ruiniert” werde. Um in den Geschmack dieser vermeintlichen „Enthüllungen” zu kommen, brauchen Interessierte allerdings Geduld.

So wird ein angebotener Download-Link erst zur Verfügung gestellt, wenn der Preis für das Magazin – 10 Euro – überwiesen und auf dem Konto von Lenz und Sodenkamp gutgeschrieben wurde. Neben dem Eingeben der üblichen Kontaktdaten muss schließlich noch ein Satz vervollständigt werden: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild (…) zu äußern und zu verbreiten.” Zur Auswahl stehen folgende Antwortmöglichkeiten: „Gelb”, „Schnuckelig”, „Schwarz”, „Frei, „Süß”.

Neben zweifelhaften Schlagzeilen auf dem Magazin fällt vor allem der ständige Bezug zum „Compact”-Magazin und dessen Verbot auf. Die Verantwortlichen der Seite brüsten sich gar mit dem Umgehen des Verbots. Bei der Verkündung der Veröffentlichung von „Näncy” in Falkensee sprach Lenz etwa von einem „staatlichen Auslöschungsversuch”. Online wird das Magazin beworben mit den Worten: „Lesen Sie hier, was Sie nicht lesen dürfen.” Mit der Veröffentlichung betrete man, so heißt es, „gefährliches Neuland”.

Fortführung von „Compact” – oder nicht?

Mit Neuland hat die mutmaßliche Fortführung von „Compact” allerdings wenig zu tun. Vielmehr handelt es sich um einen Vorgang, der das Bundesinnenministerium nun zwar weiter beschäftigt, ihm aber keineswegs neu ist. Demnach sei nun vor allem zu prüfen, ob eine strafbare Fortführung vorliege, teilte das Ministerium dem Online-Portal „Legal Tribune Online” mit. Der Vorgang werde beobachtet, zuständig sei zunächst allerdings die Staatsanwaltschaft.

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Politik 17.07.24

Magazin nicht mehr in Supermarkt „Compact”-Produkte fliegen von sämtlichen Plattformen

Sollten die Ermittler zu dem Schluss kommen, dass es sich tatsächlich um eine Fortführung handelt, droht dem Verlag von Lenz und Sodenkamp ein Verbot. Und nicht nur das: Die Verantwortlichen selbst könnten sich strafbar gemacht haben. Eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe wäre die Konsequenz.

Nun scheint es auf den ersten Blick kaum Zweifel daran zu geben, dass es sich bei „Näncy” um „Compact” in neuem Design handelt. Immerhin warben Lenz, Sodenkamp und Elsässer selbst damit, dass es sich um dieselben Inhalte handle und sie die kompletten Texte übernommen hätten. Allerdings kommt es nicht nur auf die eigene Vermarktung an – einige Punkte könnten durchaus gegen eine Weiterführung von „Compact” und für ein eigenständiges Magazin sprechen. So dürfte es auch eine Rolle spielen, dass der „Demokratische Widerstand” bereits seit 2020 mit ganz eigener Ausrichtung existiert, schreibt „Legal Tribune Online”.

Elsässer kämpft gegen „Compact”-Verbot

Außerdem müsste die „Näncy” nun – zumindest in gewissen Abständen – regelmäßig erscheinen. Für ein wirkliches Fortführen dürfte das einmalige Erscheinen kaum ausreichen. Genau diese Frage ließen Lenz und Sodenkamp allerdings aus. Noch ist nicht sicher, ob es bei der August-Ausgabe bleiben wird. Auch gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass die Redaktion von „Compact” übernommen wurde. Dies wäre zumindest ein wichtiges Indiz für ein Weiterführen des rechtsextremen Blattes. Gerade dieser Punkt dürfte ein Grund dafür sein, dass Elsässer mehrfach betonte, nichts mit der Veröffentlichung zu tun gehabt zu haben.

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Während sich Juristinnen und Juristen nun zusätzlich mit „Näncy” befassen müssen, bleibt auch „Compact” selbst ein Thema. So kämpfen Elsässer und seine Anwälte gegen das Verbot. Erst in der vergangenen Woche sei eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht worden. Das erklärte Ziel: Die Arbeit an dem Magazin – in seiner ursprünglichen Form – fortsetzen. Das Gericht habe dem Bundesinnenministerium eine Frist zur Stellungnahme bis kommenden Montag gestellt, erklärte Anwalt Gerhard Vierfuß in Falkensee.

Faeser hatte die Gesellschaften hinter „Compact” verboten, weil das Magazin ein „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene” sei. Die Innenministerin betonte die Gefahr des Blattes, da es „antisemitische rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte” verbreite.